Gitarre perfekt stimmen – 9 Profi-Tipps wie es gelingt!
Das Stimmgerät flackert beim Stimmen wild? Die Gitarre klingt irgendwie manchmal leicht schief? Fundamental wichtig und oft unterschätzt von Gitarristen und Bassisten mit wenig bis keiner Studioerfahrung – eine gestimmtes Gitarre ist nicht unbedingt eine gestimmte Gitarre! Unser Ratgeber für gute Stimmung im Studio und Proberaum.
Einleitung: „Ich hab doch schon gestimmt!“
„Krass, das ist uns so im Proberaum gar nicht so wirklich aufgefallen!“ Die meisten kennen diesen Satz aus dem Studio. Besonders oft bekommen wir das bei der Produktion von Gitarren- und Rockmusik zu hören, bei der oft einige Lagen von verzerrten Gitarren geschichtet werden, um fette Ergebnisse zu erzielen. Wenn da die Intonation und Stimmung der Gitarren nicht passt, hat man verloren! Da hilft auch kein Zaubermittel aus der digitalen Trickkiste. Gerade bei Vintage-Instrumenten oder billigen Produkten ist oft das (nicht gut eingestellte) Instrument verantwortlich für einige Kopfschmerzen. Manchmal aber einfach aber auch falsches oder ungewissenhafte Tuning!
Da wir verstimmte Gitarren in der Regel nicht mögen, haben wir über die Zeit folgende Tipps und Tricks zum Gitarre Stimmen zusammengetragen, die wirklich einen riesigen Unterschied machen:
1. Dreht den Tone-Poti runter
Warum? Das Stimmgerät interessiert sich nur für den Grundton, die Grundfrequenz der Saite – diese gilt es mit den Tuner möglichst genau zu messen. Je weniger Ablenkung das Stimmgerät durch Geräusche oder periphere Obertöne erhält, desto präziser wird es reagieren. Daher reicht der „mumpfige“ Sound mit zugedrehtem Tone-Poti dem Stimmgerät völlig, da dies auch die Anschlaggeräusche minimiert. WICHTIG: Nicht vergessen den Poti danach wieder aufzudrehen – vor allem die Bassisten, bei denen man es vielleicht nicht sofort merkt!
2. Stellt die Gitarre auf den Neck-/Rhythm-Pickup
Auch hier gilt das gleiche wie beim ersten Punkt: Je mehr wir das Stimmgerät mit der Grundfrequenz füttern, desto präziser arbeitet es. Nur die Erklärung ist etwas weniger intuitiv in diesem Fall: Erste Faktengrundlage für diese Erkenntnis ist die Theorie der Obertonreihe: Wenn ihr euch diese genauer anschaut, erkennt ihr: Ausgehend vom Grundton (1) sind die Obertonstufen (2) und (4) und (8) immer Oktaven – d.h. sie sind für das Stimmgerät ein und derselbe Ton! Zweite Erkenntnis könnt ihr euch durch das Spielen von Flagiolett-Tönen ableiten: An manchen Stellen über der Saite bilden sich manche Obertöne besonders leicht. Die Obertonstufe (4) bildet sich beispielsweise über dem 5., 12. und 24. Bund – oder eben genau über eurem Neck-Pickup!
3. Schlagt die Leersaite über dem zwölften Bund an statt über dem Pickup
Und wieder die gleiche Erklärung wie bei den vorherigen Punkten. Besonders das Oberton-Prinzip aus dem zweiten Punkt kommt hier wieder zu Tragen: Je näher ihr die Saite an einem Punkt anschlagt, bei dem besonders leicht die Oktav-Obertonstufen angetriggert werden, desto sauberer kann das Stimmgerät messen. Außerdem: Beim Anschlag über dem Pickup entstehen außerdem Nebengeräusche, die das Stimmgerät außerdem ablenken.
4. Immer von unten anschleichen!
Was damit gemeint ist: Beim Stimmungsvorgang dreht ihr die Saite ja so lange höher oder tiefer bis irgendwann die begehrten grünen Lämpchen auf dem Stimmgerät blinken. Das stabilste Tuning erreicht ihr immer, wenn ihr die Saite erst etwas tiefer dreht um euch dann vorsichtig von unten „anschleicht“ und langsam höher dreht, bis die Saite stimmt. Hintergrund: Jedes Runterstimmen bedeutet eine kleine Druckentlastung für Hals und Mechaniken. Gerade wenn die Mechaniken nicht perfekt sind passiert es öfters, dass es beim runterstimmen „springt“ wenn der Druck einen gewissen Schwellwert unterschreitet – das gleiche kann bei allen anderen Druckpunkten passieren. Wenn ihr vorsichtig hingegen den Druck erhöht, also höher stimmt, passieren diese Sprünge seltener.
5. Stimmt die Saiten immer „aufwärts“
Stimmt also vom tieferen Ton nach oben, beginnend mit der tiefen Saite. Hier der gleiche Hintergrund wie im vorherigen Punkt – es sind die Spannungsverhältnisse: Dickere Saiten tragen mehr Spannungskraft als die dünneren Saiten. Ergo: Wenn ihr erst die dickeren Saiten stimmt und euch dann hocharbeitet, wird sich weniger an der als erstes gestimmten Saite verändert haben wenn ihr an der letzten angekommen seid als wenn ihr es umgekehrt macht.
6. Spielt im Studio dickere Saiten
Das ist natürlich auch immer eine Sound- und Spielpräferenzfrage. Aber generell gilt, wie aus dem vorherigen Punkt theoretisch hervorgeht: Dicke Saiten bleiben länger „in tune“, der Sound aus den Pickups wird fetter und sie klingen nicht so scharf bei hartem Anschlag. Gerade bei Tunings abseits des Standard-Tunings wie Drop-D oder Drop-C sind dünne, tiefe E-Saiten fast nicht verwendbar im Studio. Denkt aber dran: Wenn ihr auf einmal von 10er Saiten auf 11er umsteigt, verändert sich die Zugkraft auf euren Gitarrenhals und die Saitenlage. Es wird ziemlich sicher notwenig sein, die Gitarre neu einzustellen oder einstellen zu lassen.
7. Beim Spiel mit Capo: Nachstimmen!
Falls ihr einen Kapodaster verwendet: Immer Nachstimmen nachdem ihr ihn gesetzt habt. da ihr den Capo nie genau so setzen könnt, dass keine Verstimmung auftritt.
8. Stimme so wie du spielst!
Merke, dass das Tuning variiert, je nachdem wie fest man die Saite anschlägt! Je fester du die Saite bei dem aufzunehmenden Part anschlägst, desto höher schwingt der Ton anfangs. Dies sollte also immer zu deiner Spielweise oder dem Part passen, den du vorhast, in dem Moment aufzunehmen. Beispiel: Wenn du einen hart gespielten 16tel-Powerchord-Mute-Part aufnehmen möchtest, bei dem du ordentlich reinlangst, macht es keinen Sinn, butterweich beim Stimmen die Saite anzuschlagen, wahrscheinlich wird der aufgenommene Part dann etwas zu hoch sein, da hier fast du die anfängliche „Pitch-Overshoot“-Tonhöhe hörbar sein wird.
9. Nehmt alle das gleiche Stimmgerät
Wenn es den Workflow nicht zu sehr aufhält, versucht innerhalb einer Produktion nur ein Stimmgerät zu verwenden und (wenn möglich) immer von der gleichen Person. Denn zwischen Tuner Modellen kann es zu leichten Unterschieden kommen und von Person zu Person kann der Anschlag und die Zeit von Anschlag bis zum tunen variieren.
…immer noch Probleme mit dem Tuning?
Schnapp dir Producer, Engineer oder Bandmitglied und versuch die Gitarre zu stimmen, während du den oder die problematischsten Akkorde greifst, die im entsprechenden Song vorkommen. Danach punktuell in die Aufnahmen reinschneiden zur Not. Das kann dabei helfen intonatorische Probleme des Instruments temporär zu umgehen!
…klingt immer noch Schepp?
Option 1:
Option 2:
Check die Oktav- und Bundreinheit, es lohnt sich sie regelmäßig an den entsprechenden Stellen vor Studioaufenthalten und nach Saitenstärkenwechsel neu einstellen zu lassen. Das ist eine ganze Welt für sich und jede Gitarre hat je nach Bauweise verschiedene Stellen, die man jeweils nach einer gewissen Zeit überprüfen (lassen) sollte. Sofern ihr damit noch nicht viele Erfahrungen gesammelt habt, solltet ihr das Instrument zu einem Fachmann bringen.
Doch Vorsicht: Nicht alle Musikhäuser sind hier gut qualifiziert (auch wenn sie das sagen!) und wir haben sehr durchwachsene Erfahrungen gemacht.
Ihr wisst nicht an wen ihr euch wenden sollt um eure Gitarre studiotauglich einzustellen? Sprecht uns einfach an – wir geben gerne unsere Kontakte und Erfahrungen weiter!